DIE MALEREI DER TIERE
Ich habe mich bei dieser Versuchsreihe auf domestizierte Tiere konzentriert, mit denen bisher noch nie gemalt wurde: Kühe, Pferde, Lamas, Rentiere und Ziegen. Ich habe jeweils mehrere Wochen mit den Tieren verbracht, bis wir zu den Ergebnissen gekommen sind, die hier präsentiert werden.
Wichtig war mir: keine Beschäftigungstherapie, keine Dressur, sondern tatsächlich Kunst zu schaffen. Daher war mein Ziel lediglich lustbetontes Lernen der Technik durch Imitation. Keine Belohnung als Anreiz, sondern Malen um der Malerei willen.
den Tieren stand je zur Auswahl:
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eine Reihe von Heupinseln, getunkt in diverse ungiftige und unter Umständen essbare Farbe
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diverse Formate von Leinwänden, verschieden grundiert
Es zeigte sich, dass es in Herden immer nur einzelne Tiere gab, die sich für das Malen begeistern konnten, andere haben gerne beim Malen zugesehen, manche haben sich erst für die fertigen Bilder interessiert, wieder andere zeigten Furcht oder gar Gleichgültigkeit.
Alle malenden Tiere kommen zu einem Punkt, an dem sie das Gemälde für fertig erachten, sie sind dann weder an einem anderen Tag noch durch Belohnungsanreiz zum Weitermalen zu bewegen.
Beim Pferd bestand die größte Gefahr zur Dressur, da Pferde sehr lernwillig sind. „California Blue“ ist eine schon etwas ältere Stute, die sich nicht mehr so gerne etwas sagen lässt. Ihre Vorliebe für die Farbe Grün zeigte sich schnell, sie interessierte sich für kaum eine andere Farbe. Nach einigen Wochen Malerfahrung begannen sich ihre Bilder zu ähneln - ohne, dass sie das Interesse am Weitermalen verlor. Wenn sie fertig war, kam sie zu mir und forderte eine neue Leinwand. California Blue lebt und arbeitet in Mainz.
Bei den Kühen dauerte es eine Weile, bis sie die Technik der Malerei mit Pinsel verstanden hatten. Die ersten 43 Heupinsel wurden einfach komplett gefressen. Nur eine Kuh erlernte die Technik schließlich. Sie zeigte eine Vorliebe für Erdtöne, Schwarz und Weiss und viel Ausdauer.
Ein Alpaka ist ein kleines Lama. Die von mir besuchte Herde ist in den Schweizer Bergen in der Nähe des Thuner Sees gezüchtet worden. Schnell fand sich eine kleine Gruppe, die sofort Interesse zeigte – nicht für meine Strohpinsel, wohl aber für Leinwand und Farbe. Nach einer Woche spuckte das erste Alpaka auf die Leinwand und wurde somit Initiator für eine ganze Spuckbildserie, an der sich insgesamt drei Alpakas beteiligten. Der Erfinder des Spuckbildes ist Nummer 895, ein in Züchteraugen weniger wertvolles Tier wegen seiner blauen Augen. Interessant hierbei ist, dass dieses Tier eine eindeutige Vorliebe für die Farbe Blau hat.
Dieses weisse Rentierweibchen ist äusserst begabt. Es bevorzugte einzelne Halme als Pinsel und Pastelltöne, insbesondere Altrosa, und machte damit ganz feine minimalistische Zeichnungen. Hervorzuheben ist das präzise Gefühl für den goldenen Schnitt.
Die Ziegen im Hamburger Zoo zeigten weder Interesse noch Geschick. Nach langen vier Wochen intensiver Überredungsversuche gab ich auf. Sechs Tage später bekam ich einen Anruf von einem Tierpfleger: erst in meiner Abwesenheit hatte eine Ziege zu malen begonnen – auf Steinen in Lila. Da ich zum damaligen Zeitpunkt schwanger war und nicht schwerer tragen durfte als 5kg, habe ich die Steine in Hamburg gelassen und sie deshalb in dieser Ausstellung nicht präsentieren.